17. Februar 2003
I N L A N D
FLÜCHLINGE 

Restriktive Gesetze und andere Hürden

Dokumentation der Antirassistischen Initiative aktualisiert

Von Peter Nowak

Laut Bundesinnenminister Otto Schily ist "Die Zahl der Flüchtlinge, die in der Bundesrepublik Asyl beantragten 2002 mit 71 127 die niedrigste seit 1987. Zugleich ist die Anerkennungsquote für politisches Asyl mit 1,8 Prozent die niedrigste denn je". Abschiebschutz aus politischen und humanitären Gründen, das so genannte "Kleine Asyl" erhielten im letzten Jahr nur noch 3,2 Prozent der Antragsteller. Was Schily als erfreuliche Entwicklung bezeichnet ist für die Antirassistische Initiative Berlin (ARI) die Folge restriktiver Gesetze, die die Hürden für Verfolgte immer höher machen. 
In einer umfangreichen Dokumentation, die die ARI kürzlich in der zehnten Auflage aktualisiert veröffentlichte, wird diese These akribisch belegt. Gesammelt wurden Zeitungsartikel, Presseerklärungen und Berichte aus den letzten zehnJahren, die über 3000 Einzelschicksale beschreiben. Die Fülle des Materials läßt das Ganze zu einem erschreckenden Licht erscheinen. Wer das Material studiert, wird den zunächst vielleicht polemisch erscheinenden Titel "Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und ihre tödlichen Folgen" im nachhinein als treffend betrachten. Schließlich werden hier Morde von Neonazis sowie Todesfälle und Verletzungen bei Grenzüberquerungen, Selbsttötungen und Selbstverletzungen aus Angst vor Abschiebungen sowie Todesfälle nach Abschiebungen beschrieben. 
Die Dokumentation beginnt lange vor dem erfaßten Zeitraum mit einer Erinnerung an den jungen türkischen Studenten Cemal Altun, der sich aus Angst vor einer Abschiebung am 30. August 1983 aus dem dritten Stock des Berliner Verwaltungsgerichtes in den Tod stürzte. Der Vorfall führte damals noch zu großen Protesten von linken Initiativen, aber auch Kirchen und Menschenrechtsgruppen. Davon ist heute im Fall des indischen Dozenten Davinder Pal Singh Bhullar, mit dem die Dokumentation endet, wenig zu spüren. Der Wissenschaftler sitzt in einer indischen Todeszelle. Verurteilt wurde er wegen eines Anschlags, das nach Angaben seiner Anwälte durch Folter erpresst wurde. Bhullar wurde 1995 vom Flughafen Frankfurt (Main) nach Indien abgeschoben. Zwei Jähre später stellte das Frankfurter Verwaltungsgericht fest, dass die Abschiebung rechtswidrig war.

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Die Dokumentation kostet 10 Euro plus 1,60 Euro Versandkosten und kann über die Antirassistische Initiative Berlin Yorckstr. 59, 10965 Berlin, Tel.: 030/785 72 81, Fax 030/7869984, Email: ari-berlinqgmx.de bestellt werden.